Heuristische Evaluation

Heuristische Evaluation (auch: heuristische Evaluierung) bezeichnet die Testung der Usability (Gebrauchstauglichkeit) von Benutzeroberflächen. Die Testung findet mittels Heuristiken statt, die feste Kriterien für die Überprüfung darstellen. Heuristische Evaluation ist eine Alternative zum Usability Test und wird von einer Expertengruppe aus dem Bereich Benutzerfreundlichkeit durchgeführt. Diese beurteilt potenzielle Gebrauchstauglichkeit-Probleme bei der typischen Nutzung einer entsprechenden Benutzeroberfläche.

Wozu dient die Heuristische Evaluation?

Sinn und Zweck heuristischer Evaluation ist zuallererst die allgemeine Erfassung auftretender Probleme bei der Benutzung. Selbst wenn das Problem in der gesamten Expertengruppe nur ein einziges Mal aufgetreten und von niedriger Relevanz ist, wird es als Problem erfasst. Eine Problemklassifikation findet nachfolgend mittels der Zuordnung zu unterschiedlichen Heuristiken statt.

Hintergrund der Entwicklung

Bevor heuristische Evaluationen entwickelt wurden, war es nur durch empirische Testung möglich, systematisch die Usability einer Benutzeroberfläche zu beurteilen. Verbesserungen standen also primär erst nach Veröffentlichung des Produktes zur Verfügung und basierten auf der Analyse von Nutzerverhalten und Umfragen. Eine Untersuchung der Usability war also aufwendig und kostspielig. 1990 stellten Jakob Nielsen und Rolf Molich die heuristische Evaluation vor. Damit schufen sie eine nachvollziehbare Methode, die Benutzerfreundlichkeit einer Oberfläche auf nachvollziehbare Weise testen zu können.

Vorteile

Heuristische Evaluationen ordnen die resultierenden Listen hinsichtlich ihrer Wichtigkeit. Vernachlässigbare und rein optische Probleme werden Problemen untergeordnet, die die Kernpunkte der Benutzeroberfläche unbenutzbar machen. Heuristische Evaluation bietet mit diesen Prioritätenlisten somit auch eine erste Empfehlung zur Verbesserung der Usability.

Die Testungen können in jedem Stadium der Entwicklung angewendet werden. Da sie von Expertengruppen durchgeführt werden, ist auch die Testung von Prototypen möglich, anstatt nur fertige Benutzeroberflächen von Endnutzern testen zu lassen.

Kosten sparen

Heuristische Evaluation ist eine sehr kostengünstige Methode, die Usability zu beurteilen. Da sich die Expertengruppen üblicherweise im Rahmen eines Umfangs von etwa drei bis fünf Evaluatoren bewegen, sind Ausgaben für das Personal überschaubar.

Eine größere Gruppe von Evaluatoren ist außerdem laut den Erfindern Nielsen und Molich nicht vorteilhafter. Nur wenig zusätzliche Probleme werden jenseits einer Gruppengröße von fünf Testern gefunden. Eine Gruppe von mindestens drei Evaluatoren ist dennoch empfehlenswert, da ein einzelner Evaluator im Schnitt lediglich 35 % der vorhandenen Probleme aufdeckt.

Nachteile

Die ausgewählten Experten besitzen eine geringe Domänenexpertise. Sie kommen nicht aus der Gruppe der letztendlich realen Benutzer, sondern sind meist allgemeine Benutzerfreundlichkeit-Tester. Diese Gruppe unterscheidet sich daher von den Endnutzern und ist eventuell nicht in der Lage bestimmte, erfahrungsbasierte Probleme der Usability zu erkennen.

Als Ersatz für Usability-Tests eignet sich die heuristische Evaluation daher nicht, ist als Ergänzung aber eine effektive Option zur Erkennung von regelbasierten Usability-Problemen. Laut Nielsen und Molich kann dieses Problem aber durch eine starke Variation der Evaluatoren verringert werden. Idealerweise sollte ein Evaluator also auch Experte im jeweiligen Anwendungsbereich sein.

Heuristiken

Die zehn von Nielsen und Molich aufgestellten Heuristiken sind folgende:

  • Sichtbarer Systemstatus: Das System gibt dem Nutzer verständliche Auskunft über aktuelle Geschehnisse.
  • System und reale Welt stimmen überein: Das System nutzt eine für den Nutzer verständliche Sprache.
  • Benutzerkontrolle ist realisiert: Es existieren Funktionen wie “Rückgängig” und “Wiederholen”.
  • Konsistenz und Standards: Gleiche Vorgänge besitzen immer gleiche Begriffe.
  • Fehlervermeidung: Das Systemdesign verhindert Fehler während der Benutzung.
  • Intuitive Benutzung: Funktionen sollten leicht wiedererkannt werden und die Bedienung selbsterklärend sein.
  • Flexibilität und Effizienz: Erfahrene Nutzer können die Effizienz der Benutzung durch Abkürzungen erhöhen.
  • Minimalismus: Es befinden sich keine unnötig ablenkenden Elemente im Design.
  • Hilfe bei Fehlern: Auftretende Fehler werden dem Nutzer zur Behebung klar und verständlich dargestellt.
  • Hilfe und Dokumentation: Konstruktive und angepasste Lösungsvorschläge für auftretende Fehler sind vorhanden.

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